Nein, damit hätte ich noch beim vorletzten Vollmond nicht gerechnet …, doch jetzt stecke ich mitten im „Marmeladenfieber“! Kochender und essender Weise, wohlgemerkt. Beides höchst ungewöhnlich für mich.
Denn erstens habe ich in meinem bisherigen Leben pro Jahr bestimmt kein halbes Glas Konfitüre verzehrt, da ich zweitens zum Frühstück mein Lebtag keine Konfibrotschnitten genoss. Höchstens im Urlaub. Wie komischkauzig man doch immer mal wieder ist! Aber auch flexibel! Denn seit ich selber Marmelade koche, erwarte ich das Frühstück mit kindlicher Vorfreude. Der Konfibrotschnitten wegen! Spätestens bei Sorte Nr. 3 – weisse Johannisbeerkonfi – hat mich das Marmeladenfieber erwischt. Auch zur Freude des Gefährten, der sich zwar allmorgendlich, seit ich mich erinnern kann, mit seinem traditionellen "Fini-Müesli" stärkt.
Heute waren Aprikosen dran! Das Schönste an der ganzen Kocherei folgt jeweils am Schluss: Für einen ganzen Tag lang oder mehr, feire ich die neuen Herrlichkeiten, nett arrangiert, auf dem Küchentisch. Ergibt mindestens 20 x Freude und Dankbarkeit, wann immer ich mein Küchenreich betrete. Zählt man den Gefährten mit – und das geht gar nicht anders – kommt man bereits auf 40 Freuden an einer Ration homemade-Konfi – und dies noch BEVOR man sie geniesst! Soviel Freude zu verpassen, wär doch jammerschade! Leben ist oft genug kompliziert im Quadrat. Na ja, das Leben eigentlich nicht – wir Menschen … Wenn sich Lebensfreude schon mal so einfach anbietet, lohnt sich das Innehalten, das langsamer Gehen in einem Zweipersonenhaushalt mindestens 40-fach. Und wie erst in einer Grossfamilie!
„Wir leiden ja bald an Konfitüren-Schwemme!“, meinte Gefährte kürzlich und schmunzelte. Bin sehr zuversichtlich, dass man homemade-Marmelade ohne Mühe auch ausserhalb der eigenen vier Wände „loswerden“ kann.
Kurz nach dem Marmeladekochen verdufte ich jeweils nach draussen. Nein, nicht weil ich dem Abwasch ausweichen will. Bloss, weil ich beim Zurückkommen den wunderbaren Früchteduft, der sich in der ganzen Wohnung niederliess, herzhaft geniessen möchte. - Im zeitweiligen Weggehen liegt die Chance versteckt, das Gute, Wertvolle, an das man sich so leicht gewöhnt, ganz neu wahrzunehmen. - Ach ja: Heute wurde ich besonders reich beschenkt. Extrem grosse Duftnotendifferenz zwischen draussen und drinnen. Draussen wurde jüngst der Mist geführt ...
Aufs „Vermusen“ der Zwetschgen warte ich bis nach unserem Urlaub. Muss ja noch allerhand vorbereitet werden. Die Marmelade aber lassen wir zuhause. Bin auch noch mit Vernunft gesegnet!
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